HAUTNAH

Das nahende Weihnachtsfest bringt es mit sich, dass allerorts mit den schönsten, süßesten, auf jeden Fall 'superlativen' Geschenken und dem damit verbundenen Glück vor unserer Nase herumgeworben wird. Sie kennen das.

Als ich unlängst vor einer Auslage für Unterwäsche stehen blieb, hielt ich auch innerlich inne: Ich fragte mich, ob es einen Unterschied macht, wie wir uns kleiden, was wir tragen - dicken Pelz, selbstgestrickten Pullover, geschenkte Wäsche, Schutzkleidung ...

Was meinen Sie?

Kleider machen was?

Wechseln Sie kurz mit mir den Schauplatz in Richtung Theater: Während der Probenarbeit hängen dort sogenannte Figurinen an den Wänden. Diese Darstellungen zeigen ein Bild von den Kostümen für die jeweiligen Rollen - der edle Anzug für den honorigen Herren findet sich neben einem sackähnlichen Kostüm für einen Bettler oder der futuristischen Ausstattung für den Flug ins All. Sie geben einen Vorgeschmack auf die Figur. Die Kleidung dient als Unterstützung für die Darsteller und erleichtert jene Haltung einzunehmen, die den Charakter der Rolle adäquat zum Ausdruck zu bringt.

 

Auch auf der Bühne des Lebens spielt es im wahrsten Sinn des Wortes eine Rolle, was wir an unsere Haut lassen.

 

Näher

Kommen wir einen Schritt näher: Nachrichten, Bilder aus Medien sind tägliche Realität. Auch sie gehen uns nahe. Anders als Kleidung. Wir können uns davon lähmen lassen, uns verschließen, entscheiden, wie wir mit den Inhalten umgehen - vielleicht ist es manchmal etwas von allem.

Noch einen Schritt weitergehend, möchte ich Sie gerne fragen:

Welches Gedicht, welchen Menschen, welche Aufgaben tragen Sie nah bei sich?

Was legen Sie gerne anderen Menschen ans Herz?

Wen lassen Sie an Ihr Herz?

 

Es ist, als würden uns auch die Antworten auf diese Fragen kleiden.

 

Tiefer

Wesentliche Erfahrungen, Begegnungen, Erkenntnisse prägen uns, einige tragen uns gar durch unser ganzes Leben. Geschichten haben Depotwirkung. Lebensgeschichten, Märchen, Erzählungen sinken an unseren Seelengrund und erinnern uns ungefragt an den Weg zu unserem innersten, heilen Kern und wirken von dort wieder hinaus in die Welt.

Solche Worte gehen unter die Haut, berühren, bewegen uns intensiv.

Die Zusage, dass uns trotz kalter Angst die Hoffnung wärmer blüht, dass sich nach zäher Herbergssuche ein Unterschlupf auftut, weil das Wunder - in und aus und durch uns - zur Welt kommen will, steht dann zweifel-los festgeschrieben ... eine Stille, Heilige Nacht lang.

 

Kein Gewebe passt dann mehr zwischen Liebe und unser Herz.

Sie ist uns Haut - wärmer und zarter als alle Seide.

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