zuerst kosten!

Eine Standardaussage meiner Mutter auf meine kindlich-pubertär gerümpfte Nase beim Mittagessen lautete: „Zuerst kosten!“.

 

Meist folgte zaghaftes Herumstochern, nicht selten mit dem Ergebnis: „Gar nicht schlecht!“ Sie war und ist ja eine gute Köchin!

So manche Geschmacksereignisse wären mir entgangen, hätte ich mir ihren Rat nicht zu Herzen genommen – auch jene, die ich danach doch gerne anderen über- (ge)lassen habe.

 

Wie schmeckt´s?

Wenn wir diese Erfahrung auf das Leben übertragen, könnten wir uns fragen, wie sehr wir unser Dasein eigentlich genießen? Schlürfen wir immer die gleiche lauwarme Suppe, sind wir dankbar für Fertiggerichte, freuen wir uns neugierig auf unerwartete Kostproben?

Nicht selten kommt es vor, dass wir uns über das Immer-Gleiche beschweren, resigniert dasitzen – nicht erkennend, dass WIR diejenigen sind, die diese Wahl getroffen haben.

 

A la Carte

Wenn wir das Immer-Gleiche wählen, können und dürfen wir doch auch anders! Es steht uns die gesamte Karte an Geschmacks-Erfahrungen des Lebens zur Verfügung.

Wir dürfen wählen!

Dann können wir wirklich entscheiden, wovon wir mehr wollen oder eben nicht. Wie sollte es umgekehrt möglich sein? Woher wollen wir wissen, wie Kürbiscremesuppe schmeckt, ohne sie gekostet zu haben? Vermutlich haben Sie schon einmal eine gelöffelt und doch hat sie in jeder Küche eine individuelle Note. So gehen auch wir durch vielfältige, vergleichbare Er­fahrungen und erleben sie auf individuelle Weise.

Der Mut, die Suppe und das Leben in unserer Eigenart zu ver-kosten, kann dabei stetig wachsen.

 

Sie wünschen?!

Unser Leben wird zum Einheitsbrei, wenn wir uns nicht erlauben, Entscheidungen zu treffen. Dieses "Sich-Selbst-Ver-Trauen" ist manchmal eine ziemliche Herausforderung!

Genießbar – für uns selbst und andere – werden und bleiben wir, wenn wir uns beherzt und immer wieder von neuem bejahen ... in unserem Scheitern und Gelingen.

Zaghaftes Herumstochern ist natürlich auch erlaubt.

In allem dürfen wir jedoch auf die wohlwollende Lebensküche vertrauen – sie setzt uns nur Ge­nieß­bares vor. Auch wenn nicht immer alles gleich leicht verdaulich ist, gilt:

 

Welch ein köstliches Leben!

Guten Appetit!

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Kommentare: 2
  • #1

    Gerhard Fischill (Sonntag, 15 Mai 2016 10:34)

    "Köstlich" und anregend deine BLOG-OS-Texte!
    Ich bekomme bereits Appetit auf den nächsten...

  • #2

    Karin Grössenbrunner (Sonntag, 15 Mai 2016 21:19)

    Lieber Gerhard!
    Ich freu mich, wenn du Geschmack an den Zeilen findest. Danke für die Rückmeldung!