VERGRIFFEN

Unlängst erlebte ich ein Klavier-Konzert.

Vier Hände waren am Werk. In zarter Behutsamkeit und kraftvollem Ausdruck bewegten sich die beiden Musiker wie auch die Werke.

Nicht immer waren die Hände den jeweiligen Pianisten zuzuordnen, so schnell wechselten sie die Position, oft wirkten die beiden eins. In jedem Fall eins mit der Musik.

Ein vielfältiger Genuss für mich.

Und dann geschah Unerwartetes ...

 VOM GUTEN TON ...

In den gefühlvollen Ausdruck, die Präzision mischten sich auf einmal Klänge, die nicht zum Stück gehörten. Es hat sich tatsächlich einer der beiden Meister im Ton, genauer an der Taste 'vergriffen'.

Mit ausgetüftelten Studioaufnahmen vertraut, könnten wir das verwöhnte Ohr rümpfen und den anschließenden Applaus ein wenig verkümmert ausfallen lassen. Schließlich seien wir Besseres gewohnt.

Ich war begeistert!

 

... ZU WAHRER GRÖßE

Man kann durchaus an Perfektion Gefallen finden. Bei einem Auftritt liegt in meinen Augen - und Ohren - die Kunst eben nicht in der ausschließlichen Wiedergabe des Erwartbaren. Immer zeigt sich ein Mensch auf der Bühne - inklusive seiner Fehlbarkeit.

Trotz aller Vorbereitung und Profession kann ungefragt, wohl auch ungebeten ein Fehler hörbar werden.

 

Die beiden Künstler haben ihren Auftritt natürlich beherzt fortgesetzt.

Darin liegt für mich die eigentliche Größe. Davon lerne ich gerne.

Was sich anfühlen mag wie der Untergang, kann uns gerade zum Weitergehen ermutigen.

 

Vielleicht kennen Sie Situationen in Ihrem Leben, in denen Sie sich wie ans Kreuz genagelt, verhöhnt, missverstanden fühlten.

Vielleicht hörten Sie sich auch schon sagen 'Das bringt mich ins Grab.'

 

Wie tröstlich, wie österlich ist doch der Zuspruch des Lebens, dass wir nicht in der Dunkelkammer des Scheiterns, des Todes verhaftet sind. Ein befreundeter Theologe beschrieb das Geschehen zwischen Karfreitag und Ostersonntag mit 'Drei Tage, und dann kommst du wieder hoch!'

 

Kein Verbot falscher Tasten, doch der Appell, weiterzuspielen.

Kein Verbot einer Niederlage, doch das Credo, wieder aufzustehen.

 

Mit einem liebevollen Blick auf Ihre Niederlagen und einem ermutigenden Appell für Ihr Auf-er-stehen

wünsche ich Ihnen ein ergreifendes Osterfest!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0