GÄNGELBAND

Während meiner Urlaubszeit gönnte ich mir eine Pferdecoaching-Einheit. Ein unglaublicher Ge-winn für mich – und anscheinend auch für das Pferd, wie mir unsere Begleitung verriet.

Nach einem thematischen Einstieg beginnt die Einheit gleich mal mit der Auswahl des Gegen-übers: Welches Pferd passt zu mir? Suche ich es aus oder wählt es mich? Wir haben einander gefunden und offensichtlich zueinander gepasst. Dann ging’s weiter auf dem Platz. Dort erfuhr ich, dass ich gerade den Leithengst Hans am Strick führte.

Von wem lassen Sie sich gerne führen?

LÄSTIGES KNABBERN

Mit Respekt, Vorfreude, Neugier näherten wir uns an. Bald wurde das nebeneinander Gehen wie selbstverständlich, fühlte sich sehr vertraut an. Hin und wieder zupfte Hans an meiner Kapuze, knabberte an meinem Reißverschluss. Drehte ich mich zu ihm, sah er mich unschuldig an ‚Ich war das nicht. Ich habe keine Ahnung!‘ Er brachte mich zum Lachen.

Mit der Zeit wurde es aber lästig und ich stellte klar, dass ich das nicht will – und wir gingen weiter nebeneinander, ohne Knabbern.

Kennen Sie lästige Verhaltensweisen, die an Ihnen knabbern?

Wozu verleiten Sie diese?

Wie wollen Sie mit Ihnen umgehen?

 

ZUFRIEDENER GENUSS

Manchen legt sich die scheinbare Gewissheit ‚Das neue Vorhaben gelingt mir ohnedies nicht‘ in den Weg, andere stürmen mit stolzierender Überzeugung ‚Mir kann das nur gelingen‘ in die Arena des Neuen oder ein Vorhaben wird erst umgesetzt, wenn es ‚mehr als perfekt‘ ist. Drei Beispiele für innere Leittiere, die an uns knabbern können.

Lassen wir sie ihre Aufträge ungefragt verrichten, kommen wir leicht in die Irre. Ein erster Schritt liegt also darin, sie zu bemerken. Woran nehmen Sie es denn wahr? Spüren Sie ein Ziehen, Drücken, Krampfen im Körper? Beginnen Ihre Gedanken zu rattern? Werden Sie unfreundlich mit sich und anderen, unruhig?

Uns dafür schlecht zu machen, ist weder notwendig, noch hilfreich ... nur so als Hinweis.

Wenden Sie sich doch mal diesem Quälgeist zu: In welcher Gestalt erscheint er? Wie groß ist er eigentlich wirklich? Was will er von Ihnen und was wollen Sie ihm wissen lassen? Eine gute Ver-bindung zum Boden und Klarheit in Ihrer Botschaft sind dabei für die Begegnung hilfreich bis notwendig. Den eigenen Kräften und Talenten zu trauen, erleichtert die Begegnung.

Womöglich lässt der unangenehme Aspekt in uns nicht gleich los oder setzt sich gar eine rote Mütze auf, um es erneut zu versuchen. Doch wir dürfen bei der frankl‘schen Überzeugung bleiben ‚Ich lass mir doch von mir nicht alles gefallen‘.

Werden wir uns dieser Knabberer bewusst und stellen unsere Haltung ihnen gegenüber klar, füllen sich unsere Lungen mit freiem Atem, bekommen Begegnungen mehr Leichtigkeit, stehen unsere Energien wieder für Wesentliches zur Verfügung.

 

Hans und mir wurde schnell klar, dass wir nicht lange nebeneinander her trotten wollten, sondern in die Gänge kommen – und das taten wir auch. Er kam dabei wesentlich weniger außer Atem als ich. Immer freier gestaltete sich die Begegnung. Es bedurfte kaum mehr Worte – mein Impuls reichte, seine Reaktion zeigte Zustimmung, wie auch umgekehrt.

 

Nach kurzer Zeit legte ich das Halfter ab. Ob er dann immer noch an meiner Seite sein wollte? Es wäre ein leichtes, mir sein Hinterteil und damit seine Meinung über meine Vorhaben zu zeigen.

Doch wir blieben einander treu, im Gehen, Laufen, Berühren

 

VON HERZEN FREI

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