HINWEG

Ich nehme an, Sie kennen ganz persönliche Erfahrungen, gehen zu müssen, gegen Ihren Willen, sich mit Veränderungen zu arrangieren, die Sie sich nicht wünschten oder, dass ein Vorhaben trotz allen Engagements nicht realisierbar war. Letztlich kann es jeden Bereich des Lebens betreffen - unsere Beziehungen, Arbeitsstelle, Urlaubspläne etc. Am härtesten trifft es wohl Menschen, die wahrhaft fluchtartig ihre Heimat verlassen müssen.

Und dann?

Mutter und Kind wurden mir zum Vorbild. Als der eineinhalbjährige Bursche sein Vorhaben nicht durchsetzen konnte, reagierte er lautstark. Ihr Verhalten beeindruckte und inspirierte mich.

Wie erleben Sie sich beim ‚Müssen wider Willen‘?

WIDERSPRUCH

Unbedingt wollte der Kleine noch nach der Katze sehen, doch es war in diesem Moment einfach nicht möglich. Seine Mutter nahm ihn hoch und er tat seinen Widerwillen organstark kund. Wir kennen das. Und dann?

Und dann redete seine Mutter ruhig während des Gehens mit ihm: ‚Oje, das macht dir jetzt aber keine Freude. Du hättest noch lieber nach Mimi geschaut. Ist ok.‘ Sein Widerspruch war nicht sinnlos. Seine Enttäuschung wurde gehört, auch verstanden. Obwohl sein Wunsch nicht erfüllt wurde, fand er sich ein paar Schritte weiter vergnügt ein neues Abenteuer.

 

Wann erhoben Sie zuletzt Einspruch gegen Vorgänge in Ihrem Leben?

Wer bekommt Ihren Unmut zu hören und hört auch zu?

Wie gehen Sie mit Menschen um, die Ihren Zuspruch suchen?

 

ZUSPRUCH

Zwei Aspekte faszinierten mich in der Beobachtung der Szenerie: das Verständnis der Mutter für ihren Sohn, ohne sich ausschließlich nach seinen Bedürfnissen zu richten. Und die Wendigkeit des Kleinen im raschen Finden neuer Freude.

Auch als erwachsener Mensch fühlt es sich manchmal an, als würde uns jemand aus einer vertrauten, liebgewordenen Umgebung hochheben, und wir beginnen uns zu wehren. Hilflosigkeit, Wut, Ohnmacht, Nicht-Verstehen-Können etc. bäumen sich auf. ‚Nicht schon wieder! Immer ich! Das kann nicht sein!‘

Doch wie sieht die Lage aus, wenn uns das Leben wie jene wohlwollende Mutter auf den Arm nimmt, unseren Jammer hört und trotz unsrer Abwehr den wortlosen Zuspruch für uns bereit hält, dass es gut wird. Obwohl wir es uns anders vorgestellt haben.

 

So gesehen nimmt uns das Leben aus dem Moment, um uns im nächsten mit Neuem zu beschenken, wovon wir zuvor keine Ahnung hatten.

Wie eine Raupe, der keine lebenswerte Alternative zur Verfügung steht, außer der hingebungsvollen Wandlung. Ob sie dann, des Fliegens mächtig, wieder am Boden kriechen wollte?

Ob wir lieber, nach durchgestandener Trauer flügelleicht, in unser altes, behäbiges Gewand zurückschlüpften?

 

Was auch immer geschieht: Wir sind im Leben gut

AUFGEHOBEN

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