ANSTECKEND

Unlängst brauchte ich frisches Brot und will das gerne beim Bäcker kaufen. Allerdings: aus aktuellem Anlass hat der nur bis Mittag geöffnet. Es war Nachmittag. Ich wollte ihm die Treue halten und kam daher einfach tags darauf wieder. Vor 12 Uhr!

An die aktuellen Umstände habe ich mich wohl immer noch nicht gewöhnt.

Wer erinnert sich noch daran, dass sämtliche Läden an Samstag-Nachmittagen ge­schlossen blieben? Vielleicht noch dort und da eine Greißlerei-Stunde am Sonntag nach der Messe.

Woran gewöhnen wir uns?

gewöhnlich ...

Ich bin weit davon entfernt, die un-guten alten Zeiten über den Klee zu loben, Frauen an den Herd zu wünschen und unsere Fortbewegung wieder auf Kutschen zurückzuführen. Wobei auf dem Rücken der Pferde von A nach B zu reiten, hätte durchaus seinen Reiz ...

Es war früher nicht alles gut.

Es ist auch jetzt nicht alles gut.

Veränderungen werden Schritt für Schritt integriert. Wir können daran reifen, uns entwickeln, durch Neugier Erstaunliches entdecken. Unser Auge gewöhnt sich an das neue Erscheinungsbild, unser Ohr stellt sich auf den Geräuschpegel ein, unser Rhythmus versucht sich so gut als möglich anzupassen. So weit so gewöhnlich

Bis unser Auge - wieder - Sterne statt Streifen am Himmel sieht, unser Ohr - wieder - verschiedene Vogelstimmen statt Auspuffgeräusche voneinander unterscheiden kann, unser Rhythmus - wieder - intakt pulsiert. Außer­gewöhnlich

 

Die Welt hat sich verändert, hören wir dort und da.

Wer oder was ist denn die veränderte Welt? Ist der Mensch gemeint, die Technologie die er bedient, die Vielfalt der Natur, die chemische Zusammensetzung der Erde, unsere Bedürf­nisse?

 

... oder wesentlich

Was den Menschen im Innersten zusammenhält, hat sich nicht verändert. Die Frühjahrs­wochen 2020 konnten das sogar untermauern: wir leben in und aus Beziehungen, in und aus Sehnsucht nach Liebe.

Beides ist durch Technik nicht ersetzbar. Das Fehlen lässt sich überbrücken, kreativ gestalten. Doch auf Dauer entmenschlicht uns diese neue Normalität.

 

Wie haben Sie soziale Kontakte per Video erlebt?

Worin wird die Qualität menschlicher Beziehungen deutlich für Sie?

Was bleibt, wenn Gewohntes geht?

 

Was den Menschen noch ausmacht, ist die Suche nach Wegen, mit Angst umzugehen.

Sie begegnet uns, wenn wir mit Veränderungen konfrontiert sind, Abschiede Klarheit fordern, sogar wenn uns freudige Ereignisse ins Haus stehen. Unsere sichere Gewohnheit wird herausgefordert, der Boden auf seine Tragfähigkeit getestet, Kreativität und neue Wege sind nun gefragt.

Nur, weil wir Angst haben, muss sie nicht bleiben.

 

Ansteckend sind beide - Liebe und Angst!

Und doch führt eine Infektion jeweils zu einem deutlich anderen Ergebnis.

Im Wesentlichen wirkt die Liebe

inspirierend

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